Predigt von Pfr. i. R. Alois Anetseder zum Bruder-Konrad-Fest am 1. Mai 2012


„Vielleicht sind wir zu groß, um die Reform der Kirche zu machen. Die größten Sachen in der Kirche werden von Kleinen gemacht. Wir sind nie zu klein, eher zu groß.“ Diese Worte sprach Pater Lombardi 1964 in der Zeit des II. Vaticanischen Konzils in Rocca di Papa zu den deutschen  Priestern.

Liebe Schwestern und Brüder! Liebe Wallfahrer!
Im Oktober werden es 50 Jahre, seit das umwälzende II. Vaticanische Konzil begann. Viele große Kirchenmänner haben versucht, die Kirche zu reformieren. Viele kleine Kapläne wie wir, die sog. 68er wollten die Reform der Kirche voranbringen. Vieles ist uns gelungen, aber gar manches haben vor lauter Euphorie kaputt reformiert. Eine Reform der Kirche geschieht nicht von oben, nicht von außen, sondern von innen her. In den Herzen der Gläubigen muss die Reform angelegt sein. Unser lieber Altbischof Dr. Franz Xaver Eder hat versucht, in Zusammenarbeit mit 7000 Männern und Frauen aus der Diözese die Kirche von Passau auf einen guten Weg zu bringen. Entstanden ist der Passauer Pastoralplan 2000, der unter dem Motto steht: „Gott und den Menschen nahe“.
Einer, der das Motto des Pastoralplanes schon immer in seinem Herzen trug, ohne davon zu wissen, und dieses Motto Tag für Tag auch umsetzte, war Bruder Konrad, unser Rottaler Heilige. Ein Heiliger, groß in seiner tiefen Beziehung zu Gott und ein Vorbild im Leben mit den Mitmenschen.
Die Gnade dafür wurde in Ihm grundgelegt durch die Taufe am 22.12. 1818 um 9.00 Uhr früh in der Wallfahrtskirche St. Wolfgang bei Weng. In der Taufe wird der Täufling mit Chrisam gesalbt, dabei werden die Worte gesprochen: Du bist gesalbt zum Priester, zum König und Propheten.
Priester sein, heißt das Heilige hüten. Die Nähe zum Heiligen immer wieder zu suchen. Dies hat uns der Birndorfer Hansl, wie er vor seinem Klostereintritt genannt wurde, exemplarisch vorgelebt. Es hat sicherlich in Parzham und Umgebung  keinen Menschen gegeben, der so intensiv um eine tiefe Beziehung zu Gott gerungen hat. Die vielen Wallfahrten, die Teilnahme an den Bruderschaftsgebeten sind ein Beweis dafür. Er war hier auf dem Hof bis zu seinem 31. Lebensjahr auf der Suche nach seiner Berufung, die ihn schließlich nach Altötting führte zu den Kapuzinern ins St. Anna Kloster.  Aber nicht als stolzer Bauer trat er in den Kapuzinerorden ein – dies wäre ihm sicherlich möglich gewesen mit seiner Mitgift, die er aber vor seinem Eintritt verschenkte- bettelarm trat er in den Bettelorden ein. Hier in Altötting war er bekannt als der große Beter. Mit dem Rosenkranz an der Hand traf man ihn immer wieder an. Seine größte Liebe war der Dienst am Altar. Täglich um 5 h früh ministrierte er in der Gnadenkapelle. Sein Blick war auf den Tabernakel  bzw. auf das Kreuz gerichtet. In der Anbetung wusste er sich eins mit seinem Gott. Aus diese Nähe zu Gott schöpfte er unendliche viel Kraft für seinen Dienst im Alltag an der Pforte von St. Anna Kloster. Hier waren es die vielen Menschen die ihm ans Herz gewachsen sind. Diese Liebe zu den Menschen wurde ihm eingepflanzt durch die Salbung mit Chrisam in der Taufe: „du bist gesalbt zum König“. Der beste König ist der, der dient. Bruder Konrad ist dieser „dienende König“ gewesen. 41 Jahre Pförtner im Kloster eines Wallfahrtsortes: dies hält keiner aus ohne auszuflippen. Aber nicht so  Bruder Konrad. Der Pförtnerdienst verlangte ein hohes Maß an Verantwortung, Freundlichkeit und Vertrauen. Bis zu 200 mal am Tag, so hatte man errechnet, wurde Bruder Konrad um Auskunft oder Hilfe gebeten. Bruder Konrad hörte sich die Anliegend er Besucher an, versuchte zu helfen, wo es nur ging. Wenn er selbst nicht mehr weiter wusste, sagte e: „da muss man halt beten.“ Und er hat diese Anliegen Gott oder der Mutter Maria vorgetragen.
Die liebsten Gäste an der Pforte waren ihm die Armen;  solche gab es  gar viele, die Witwen, die Waisen und die Kinder. Hatte der Vater keine Arbeit, gab es damals noch keine öffentliche Unterstützung. Da blieb als einzige Hoffnung der Brotschrank und ein Teller Suppe im Kapuzinerkloster. So wurden die Notleidenden, vor allem die Kinder, seine großen Fans. Er vergaß aber auch nie, sie zum Beten zu ermahnen.
Bruder Konrad war auch ein „Seelentröster,“ offen für die seelischen Nöte der Menschen. Er hat nicht Psychologie studiert, hatte aber ein psychologisches Gespür für die  Nöte der Menschen. Meist hat er den Einzelnen schon geholfen indem er sie anhörte. Man könnte ihn darstellen, wie der Künstler Barlach den „Hörenden“,  als  einen Menschen mit geschlossenem Mund und ganz großen Ohren.
Du bist gesalbt zum Priester, König und Propheten heißt es bei der Salbung mit Chrisam. Priester sein – auf das Heilige aufpassen! König sein – dienen.
Aber Prophet sein: weise in die Zukunft schauen, Visionen haben.

Von einer Vision will ich erzählen:
Elise Erl aus Wasserburg war von Geburt an  behindert. Sie konnte nicht gehen. Zu ihrem Vater, der den Bruder Konrad noch persönlich kannte, sagte der Pförtner einmal: Wenn du etwas brauchst, komm, ich helf dir schon, du darfst auch kommen, auch wenn ich schon gestorben bin.“  Eines Tages liest der Vater  im Altöttinger Liebfrauenboten von Gebets - Erhörungen. So wendet er sich an seinen verstorbenen Freund Konrad mit der Bitte, seine Tochter,  die Elise zu heilen. Und  es geschah das Wunder. Am letzten Oktobersonntag des Jahres 1922, als der Vater gerade zum Bruder Konrad betete, kommt das Kind zu seinem Vater – es konnte nun stehen und gehen.

Liebe Schwestern und Brüder! Liebe Wallfahrer!
Die größten Reformen in der Kirche werden von den kleinen gemacht. Das Wort von P. Lombardi trifft auf Bruder Konrad zu. Er war ein „kleiner“ obwohl er ein „Großer „ hätte sein können – ein angesehener Bauer. Er hat uns vorgelebt, wie Kirche reformiert werden kann:
 1. durch eine ganz tiefe Beziehung zu Gott. Dies gilt besonders auch heute in einer Zeit großer Gottvergessenheit. Der Hunger nach Gott ist da. An uns liegt es, für uns selbst einen Weg zu finden, Gott nahe zu sein und andern diesen Weg vorzuleben.
2. Dies darf nicht bei einer einseitigen Frömmigkeit stecken bleiben – das Kreuz ist uns ein Sinnbild dafür! Das Kreuz hat ja auch zwei Balken, den Längsbalken  und den Querbalken!  Aus der engen Beziehung zu Gott heraus erhalten wir die Kraft auf unsere Mitmenschen zuzugehen, für sie da zu sein,  einander zu dienen!
Und 3. Prophetisch zu leben: Visionen haben, nicht ängstlich im jetzt verharren, jammern und klagen, sondern vertrauensvoll  die Zukunft schauen, die Zukunft gestalten, das Eu-angelion, die Frohe Botschaft leben. Amen