Predigt von Dompropst Hans Striedl zum Bruder-Konrad-Fest am 1. Mai 2013


„Maria – Schutzfrau Bayerns“

Festgottesdienst in Parzham – 1.Mai 2013

 

Die katholische Kirche feiert heute am 1.Mai das Fest„Maria – Schutzfrau Bayerns“.

Auf dem Münchner Marienplatz steht seit dem Dreißigjährigen Krieg eine Marien-säule. In einer Zeit großer Not und Gefahr hatte Kurfürst Maximilian sein Land  der Gottesmutter zu besonderem Schutz anempfohlen. In der Not des 1.Weltkriegs er­wirkte der bayerische König Ludwig III., dass am 1.Mai das Fest der Gottesmutter Maria als der Schutzfrau von Bayern gefeiert werden darf.

Hinter diesen geschichtlichen Ereignissen steht ein tiefer Glaube und eine innige Verehrung der Gottesmutter:  Die Mutter bittet ihren Sohn in den Sorgen und Anlie­gen der Menschen.

Als der inzwischen emeritierte Papst Benedikt  seine Heimat Bayern besucht hatte, erinnerte er bei seiner Begrüßung auf dem Münchner Flughafen an das heutige Fest: Er sagte: „Ich möchte einen sehr herzlichen Gruß an alle Einwohner Bayerns  richten. Die Segenswünsche vertraue ich der Jungfrau Maria an, die in diesem Land als die Patrona Bavariae verehrt wird. Ich tue es in der klassischen Fürbitte von Jakob Balde: „Erhalte, o Jungfrau Patronin, Deinen Bayern das Gut, die Regierung, das Land und die Religion!“

Ich möchte mir diesen Willkommensgruß des Papstes aneignen und Sie alle, verehrte Pilgerinnen und Pilger, hier auf dem Venushof in Parzham  sehr   herzlich begrüßen an diesem 1.Maifeiertag.                                                                                                    Die Segenswünsche vertraue ich der Jungfrau Maria an, die von vielen Christen, von jungen und alten, als ihre Mutter und Fürsprecherin verehrt wird.

Allerorten werden in den Tagen des Monats Mai wieder Maiandachten gefeiert in den Kirchen, Dorfkapellen und an  Bildstöcken.

Und ich habe die ganz große Zuversicht, dass auch in der weiteren Zukunft diese Verehrung nicht abreißt. Ich möchte sogar sagen:

Eine neue Zukunft kündigt sich an. Wenn nicht alles täuscht, wird die Bereitschaft der Menschen, sich Gott und seiner Gnade zu öffnen, wieder größer.

Ich habe die große Hoffnung, dass wir am Ende der gottlosen oder der gottfernen Epoche stehen. Das prägende Merkmal dieser Zeit war, dass  das Vertrauen in die Leistungskraft der menschlichen Vernunft in einem Maße wuchs, dass sie nahezu an die Stelle Gottes trat. Die menschliche Vernunft wurde auf den Altar Gottes erhoben und der Gottesglaube wurde durch den Glauben an einen stetig wachsenden Fortschritt der Wissenschaften ersetzt. Alles schien machbar zu sein.

An die Stelle des Wortes der Schrift: „Bei Gott ist nichts unmöglich“ trat das Wort:   „Dem Menschen ist nichts unmöglich.“

Das Wort  Gnade  wurde durch das Wort   Leistung   ersetzt.

Ich bin der Meinung: Der übertriebene Fortschrittsglaube ist passe.    Immer häufiger erfährt der Mensch heute seine Grenzen. Die Wissenschaft wird wieder bescheidener und die Menschen an den Schalthebeln der Macht werden demütiger.

Wie hat Maria im Magnifikat gesungen: 

„Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“

 

Bei diesen Worten Mariens befindet sich der Heilige Bruder Konrad, der auf diesem Hof aufgewachsen ist und in jungen Jahren  als Bauer schwere Arbeit verrichtet hat, in guter Gesellschaft. Als er nämlich 1930  selig  -  und  4 Jahre später  - 1934  von Papst  Pius XI. heilig gesprochen wurde, da haben viele Leute gefragt:

Wie kann die Kirche so einen Mann  heilig sprechen?

Der hat doch nichts geleistet in der Politik oder in der Wirtschaft, nichts in der Kultur oder in der Kunst.

Er hat auch nichts Besonderes geleistet in der Kirche. Er hat „nur“ das Evangelium glaubwürdig gelebt. Und dieses „nur“ spreche ich sehr nachdenklich  und betroffen.

Ja, es stimmt: Wir fragen sofort immer: 

„Was hat dieser Mensch alles geleistet?“

Unsere mehr bürgerlichen Maßstäbe taugen nicht für die letzte Beurteilung eines Menschen.  Die Gründe, wofür wir    Leute und Persönlichkeiten auszeichnen, sind oft ungerecht und verlogen.

Die Kirche setzt da immer wieder ein Zeichen der Richtigstellung, wenn sie einen

angeblich unbedeutenden Menschen als bedeutsam erklärt.

 

Der unvergessliche Papst Pius XII. hat in einer Predigt über  Bruder Konrad gesagt:

„Gott wollte den demütigen Kapuzinerbruder und Pförtner  Konrad von Parzham erhöhen und verherrlichen. Es ist ja sein Ruhm und seine Ehre, die Hochmütigen zu stürzen und die Demütigen zu erhöhen.

Bei Konrad sucht Ihr vergebens nach den bewundernswerten Großtaten anderer Heiliger, die selbst die Welt staunend aufhorchen ließen.

In Gottes Augen kann ein demütiger, einfacher Bruder an einer Klosterpforte     in hellerem Licht erstrahlen als etwa  einer,  der mit goldenem Zepter ganze Völker regiert.

Und  Pius XII. Setzt seine Laudatio über Bruder Konrad fort:

Wer könnte die Scharen zählen, die an die Pforte der hilfreichen Kapuziner klopften und den heiligen Pförtner um ein gutes Wort, einen kleinen Dienst, ein Stück Brot, einen erfrischenden Trunk, ein liebes Andenken und um Trost in ihren Anliegen baten. Selbst Zudringlichkeit, Grobheit und Bosheit brachten es nicht fertig, sein geduldiges Schweigen und seine lächelnde Ruhe zu stören.

Was ihm die Kraft dazu gab zu solcher Hingabe, das war seine innige Verbundenheit mit Gott  und in besonders herzlicher Weise  mit der Gottesmutter Maria  im Gebet.“

 

Das Gebet war für Bruder Konrad wie ein lebenswichtiger Faden nach oben.

Sie kennen ja vielleicht die Geschichte von der Spinne, die sich an einem festen Faden vom Baum herunterlässt. Unten im Gebüsch baut sie ihr kunstvolles Netz, mit dem sie reiche Beute fangen kann. Noch einmal läuft sie das fertig gewobene Netz ab und findet es herrlich.

Da entdeckt sie wieder den Faden nach oben, den sie über ihrer betriebsamen Geschäftigkeit ganz vergessen hatte. Sie hält ihn für überflüssig und beißt ihn ab.

Sofort fällt das Netzt in sich zusammen, wickelt sich um die Spinne wie ein nasser Lappen und erstickt sie.    Das Gebet – der Faden nach oben!!

 

Und wie tief seine Verbundenheit mit Gott im Gebet war, das zeigt folgende Aussage von ihm:

„Ich weiß nicht: Viele Menschen lesen in dicken Büchern, um darin zu erfahren, was Gott von ihnen haben möchte, wie sie ihr Leben gestalten sollen.

Er sagt: Ich brauch das alles nicht!  Ich nehme das Kreuz  in meine Hand und schau mir Jesus am Kreuz an. Der sagt mir, was ich zu tun habe:  Das Kreuz ist mein Buch.

 

Verehrte Schwestern und Brüder!

Einen Gedanken möchte ich gerne noch am Schluss hinzufügen.

Auf den Venushof  kommen alljährlich viele Pilgergruppen, unter ihnen viele Erstkommunionkinder  und  Firmlinge.

In diesen Wochen, an den Sonntagen nach Ostern wird in vielen Pfarrgemeinden das Fest der Erstkommunion  bzw. das Fest der Hl. Firmung gefeiert.

Wir erleben es wahrscheinlich auch heuer wieder, wie mühsam, ja wie sinnlos es ist, Kinder auf diese „Feste der Begegnung mit Gott“ vorzubereiten, wenn im Elternhaus nichts grundgelegt wird.

Es sind das aber Eltern, die nur wenige Jahre vorher ihr Kind zur Taufe  gebracht haben mit dem Versprechen:

„Wir begleiten dich in ein Leben hinein, in dem Du Gottes Freundschaft und Gottes Gemeinschaft  erleben darfst.“

 

Bei vielen Eltern ist nicht mehr viel übrig geblieben von diesem Versprechen.

Vieles andere ist ihnen wichtiger  geworden im Leben:

Geld und Beruf, Karriere und Konsum. Die Kinder bleiben auf der Strecke!

 

Aber ich bin nicht gekommen, um zu jammern! Das liegt mir fern und dazu habe ich gerade bei Ihnen keinen Grund dazu.

Viele Eltern, viele Omas, viele Patinnen und Paten haben längst damit begonnen, die Liebesgeschichte weiter zu schreiben, die Gott bei der Taufe ihrer Kinder zu schreiben begonnen hat.

Manche haben zwar eine religiöse Durststrecke  hinter sich:

Aber das erwachende Leben ihres Kindes vor Augen haben sie fest im Sinn, ihr Versprechen von damals wieder ernst zu nehmen.

So werden Tag für Tag und Woche für Woche Lichter der Hoffnung entzündet.

 

Bitten wir den Heiligen Bruder Konrad  und bitten wir die Gottesmutter Maria, die Schutzfrau Bayerns, sie mögen  sich unserer Anliegen  annehmen und Fürsprache einlegen beim Herrgott.

 

Abschließen möchte ich mit einem Gebet zur Gottesmutter, das ein junger Christ aus unserer Heimat uns aufgeschrieben hat:

„Dein Weg, Maria, ist auch mein Weg, ein Weg mit Höhen und Tiefen,  ein Weg durch Dunkelheit und Licht, aber immer ein Weg zu den Menschen.

Du hilfst mir glauben, dass er auch mit mir etwas vorhat, mit jedem und jeder von uns, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe.

Du hilfst mir glauben, dass ER  mit mir unterwegs ist, verborgen und ganz nah.“

 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Marienmonat Mai!

Dompropst Hans Striedl